FRÜHLINGSGARTEN Tessiner Ambiance: Der Kiesplatz mit einer von Reben überwachsenen Pergola bildet das Kernstück des Gartens. Von Sandra Weber Ganz im Osten der Schweiz, am Rande von Münchwilen, sagen sich noch Fuchs und Hase Gute Nacht. Gespräche im Freien werden von Traktorknattern, Hühnergackern und Schafglockengebimmel untermalt. Genau, Schaf- glocken, nicht Kuhglocken, denn Stefan und Laurence Nänni halten Schafe der seltenen Rasse «Bündner Ober- länder». Nebst Hühnern, Hasen und Hunden. Mit dem Kauf eines alten Bauernhauses mit viel Umschwung erfüllte sich das Paar vor 28 Jahren einen lang gehegten Traum: Ihre zwei Söhne sollten mit Tieren und um sie herum aufwach- sen und sich in einem grossen Garten austoben können. «Wir sind beide auf dem Land aufgewachsen und wünsch- ten uns das auch für unsere Kinder», sagt Stefan Nänni. Schritt für Schritt renovierte das Paar das herunterge- kommene Haus, entrümpelte die Scheune, baute einen Hühnerstall und für ihre Jungs einen Sandspielplatz. Als endlich alles bewohnbar war, konnte sich Stefan Nänni der Aussengestaltung des rund 10 000 m2 grossen Grund- stücks widmen. Nun würde man vielleicht denken, dass der Garten eines Profis – denn Stefan Nänni ist nicht nur Gartenbauer, sondern auch Geschäftsführer der Winter- thurer Gartenbaufirma Grünwerk, eines Bioterra-Fach- betriebs – eine perfekt kuratierte, äusserst sorgfältig gepflegte Anlage sein müsste. Dem ist nicht so. Aber es ist ein farbenfroher, biodiverser, vor Leben strotzender, rundum einladender Lebensraum. Allein die Anzahl ge- mütlicher Sitzplätzchen, mindestens eines für jede Tages- zeit, verrät, dass man sich in diesem Garten entspannen darf. «Ich wollte keine ‹gepützelte› Parkanlage. Ich wollte hier vor allem einen Ort schaffen, wo man sich wohlfühlt», sagt Stefan Nänni. «Wo wir Freunde zum Essen einladen können, wo Platz ist für spontane Feste, aber auch für ruhige Momente zu zweit.» EIN SITZPLATZ FÜR LAUSCHIGE SOMMERABENDE Das Kernstück des Gartens bildet ein grosser Kiesplatz. Er erstreckt sich der Südseite des Hauses entlang bis zur Scheune, wo er sich zu einer grossen, mit Trauben über- wachsenen Pergola erweitert. «Wir sind viel im Tessin und wollten uns so ein bisschen Feriengefühl nach Hause holen», erklärt Laurence Nänni. Entstehen konnte der Platz nur, weil ihr Mann damals den bestehenden Hang abbaggerte und in wochenlanger Arbeit rund 100 Tonnen Natursteine verbaute, um ihn abzustützen – darunter vor allem Bruchsteine, die beim Zuschneiden grösserer Qua- der anfallen und nicht mehr für den Verkauf geeignet waren. «Unser Lieblingsplatz für gesellige Sommeraben- de, weil die Steine tagsüber die Sonnenwärme speichern und sie abends nur langsam wieder abgeben», sagt Stefan Nänni. Und natürlich ist die Trockenmauer auch ein 16 B I O T E R R A 3 / 2 0 2 2 | F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I