Zeitschrift «Bioterra» 7

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EDITORIA L EDITORIAL Christine Kunovits Chefredaktorin «Bioterra» Gemüse Vom Beet auf J A H R E S - T H E M A den Teller ÜBERRASCHEND ANDERS Auf die Idee, aus Herbstrüben eine Suppe mit Speck zu kochen, wäre ich nicht gekommen. Ich bin diesem Gemüse nie in einem Rezeptbuch, sondern nur als leuchtende Laterne am Räbeliechtli-Umzug begegnet. Das ist jetzt anders: dank der Gemüseexpertin Meret Bissegger! Sie bricht im Interview mit meiner Kollegin Julia Müller eine Lanze für die bislang nicht nur von mir verkannte Bodenfrucht (Seite 56). Ebenso wenig wäre mir in den Sinn gekommen, aus Rosskastanien ein Waschmittel oder gar eine Peeling- butter herzustellen. In diese Samenfrüchte habe ich früher Zahnstocher gesteckt und lustige Figürchen gebastelt. Oder sie beim Spaziergang mitsamt der stacheligen Hülle aufgehoben und als Deko in die Wohnung getragen. Mehr nicht. Erst im Gespräch mit Inés Hermann, die ein ganzes Buch über die Ver- wendung der Rosskastanie im Haushalt und bei der Körperpflege geschrieben hat, ging für mich dies- bezüglich eine neue Welt auf. Was die Autorin über die Putzindustrie denkt und warum sie bewusst sehr vieles selber macht, lesen Sie ab Seite 46. Selbstverständlich erwartet Sie in der letzten «Bioterra»- Ausgabe des Jahres auch viel Gärtnerisches! Anbau- tipps zu Erdbirne und Eiskraut, Überwinterungstipps zu Kräutern (Seite 32) sowie Selbermachtipps zu spätherbstlichen Kränzen (Seite 34). Und vieles mehr. Viel Vergnügen wünsche ich und von Herzen einen friedvollen Ausklang des (Garten-)Jahres. 2 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 | Titelbild | Raublatt-Aster und Clematis akebioides Foto: Benedikt Dittli

Saison Acht Seiten Tipps für den Bio-, Natur- und Balkongarten ...................................................... 4 Herbstgarten Welche Pflanze Karin Küngs Herz vor 25 Jahren im Sturm eroberte .................................................... 12 SERIE: Nutzgarten Wo sich Erdbirne und Eiskraut richtig wohlfühlen ................................................... 26 Gartenpraxis Was Kräuter brauchen, um durch den Winter zu kommen ................................................... 32 Deko-Inspirationen Wie sich mit Zapfen, Zweigen und Zieräpfeln Kränze binden lassen ................................................... 34 Gartenwissen Was sich punkto Torfersatz in der Schweiz bislang getan hat .................................................. 40 Gespräch Warum Inés Hermann mit Ross- kastanien putzt und pflegt .................................................... 46 GE STAL TU NG : Vorher/Nachher Wo ein Bachlauf verbindet und gleichzeitig Privatsphäre schafft ................................................... 52 S ERI E: Gemüseküche Wie sich Herbst- und Bodenrüben schmackhaft verarbeiten lassen .................................................... 56 Porträt Was die Gemüseproduzentin Katrin Bürchler anders als andere macht ................................................... 62 Rubriken Saison ....................... 4 Notizen ..................... 24 Gartenberatung ........... 39 Bioterra leben .............64 Vorschau/Impressum ..... 68 Angebote ................... 69 INHALT HERBSTGARTEN Besuch in Karin Küngs 5000 m2 grossem naturnah gestalteten Artenreich Seite 12 GARTENPRAXIS Tipps und Tricks zum Überwintern von Kräutern Seite 32 DEKO-INSPIRATIONEN Vier Vorschläge für Kränze aus Naturmaterialien Seite 34 GEMÜSEKÜCHE Meret Bissegger über Herbst- und Bodenrüben Seite 56 * Geschenkideen SCHÖNE BESCHERUNG Ausgewählte Advents- und Weihnachtsüberraschungen Seite 69 F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I , H A N S - P E T E R S I F F E R T , G A P P H O T O S , Z V G | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 3

SAISON — Amaryllis überwintern, Hagebuttenkonﬁ herstellen, Microgreens aus Samenresten ziehen Von Ute Studer und Silvia Meister Zierkohl – M e h r a l s n u r s c h ö n a n z u s e h e n Die Blattrosetten des Zierkohls Brassica oleracea sind im Inneren cremeweiss, gelb, rosa oder violett gefärbt. Darum wird er beim Blumenbinden gern in Herbstgestecken verwendet. Seine Blätter sind aber nicht nur schön anzusehen, sondern auch essbar und wesentlich zarter als Wirz oder Grünkohl. Sie enthalten wichtige Inhaltsstoffe. Beim Kochen verliert sich allerdings die Farbe. 4 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 | F O T O : M A U R I T I U S I M A G E S

S AISON Oktoberli – Gut abdecken Bis zum Spätherbst dient das Oktoberli Sedum sieboldii noch Bienen und späten Faltern als Nahrungsquelle. Besonders die buntblättrigen Sorten brauchen etwas Winterschutz, wenn tiefere Temperaturen angesagt sind. Am besten werden die Triebe bodennah abgeschnitten und die Pflanze dick mit Fichtenzweigen abgedeckt. Andenbeere – Ab in den Keller In den ersten Nachtfrösten erfrieren die ober- irdischen Triebe der Andenbeere, doch der Wurzelstock lebt noch und kann problemlos auf zwei Arten überwintert werden: 1. Wurzelballen mit der Grabgabel aus der Erde heben, in einen mit Zeitungen ausgelegten Harass stellen und in den kühlen, dunklen Keller stellen. 2. Anden- beeren, die noch intakte Triebe und Blätter haben, in einen hellen, kühlen Raum stellen und im Januar um ein Drittel zurückschneiden. Bei beiden Methoden darauf achten, dass der Wurzelstock leicht feucht gehalten wird. Kapuzinerkresse – L ü c ke n f ü l l e r i m S p ä t h e r b s t Tropaeolum majus, wie die Kapuzinerkresse botanisch heisst, ist ein idealer Lückenfüller in herbstlichen Staudenbeeten. In Rot, Orange oder Cremegelb schlängelt sie sich durch absterbende Staudenrabatten oder klettert an Büschen und Zäunen und bringt den Garten zum Leuchten, bevor der erste Frost ihr ein Ende bereitet. Blätter und Blüten werden klein gehackt zu Kräuterbutter verarbeitet. Durch ihre natürliche antibiotische Wirkung schützt die Kapuziner- kresse vor Erkältungen. B E R L F O T O S : G A P P H O T O S , M A U R I T I U S I M A G E S , Z V G | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 5

SAISON PET-Flaschen – Fü r Fe i g e n - s t e c k l i n g e Mit dieser Methode wurzeln Feigensteck- linge schnell und können im nächsten Juni ausgepflanzt werden: Oberstes Viertel einer 1,5-Liter--Flasche abschneiden, Boden mit scharfem Messer aufschlitzen, damit überschüssiges Wasser abläuft. -Flasche mit Blumenerde füllen. Circa 20 cm lange Steckhölzer mit drei Blatt- knoten von Feigenästen zuschneiden. Oben 2 cm nach dem Blattknoten flach schneiden und unten schräg anspitzen, einstecken bis kurz unter den obersten Blattknoten. Harass mit Jutesäcken oder Wintervlies gegen die Kälte auspolstern, Flaschen hineinstellen, auf den Balkon an die Hauswand stellen und feucht halten. Obstgehölze – Kleine Sorten für kleine Gärten Die Züchter von Obstgehölzen haben sich an das geringe Platzangebot in kleineren Gärten angepasst. Kleinkronige Obstgehölze von Apfel und Birne werden darum als Spalierobst angeboten und können im Garten den Zaun ersetzen. Am niedrigsten ist Zwergobst, das mit einer Höhe von 1,2 bis 2 m auch in grösseren Töpfen zurechtkommt. Terrassen- Obstbäume sind mit 2 bis 3 m ein bisschen grösser. Etwas höher hinaus wollen Spindelbäume mit 2 bis 4 m Wuchshöhe. Sie benötigen deshalb auch etwas mehr Platz. Ganz schlank wachsen Säulenobst- bäume. Dadurch werden sie auch einmal 3 bis 5 m hoch. Allerdings wachsen nur Apfelbäume von Natur aus in Säulenform, alle anderen Obstarten lassen sich nur schlecht als Säulen erziehen. Was ist im Biogarten zu tun? Im November AUSSENWASSERLEITUNGEN entleeren und abstellen. ARTISCHOCKEN mit etwa 20 cm Erde anhäufeln und mit Tannen- grün abdecken. GRÜNKOHL nach erstem Frost ernten, so steigt der Zuckergehalt. BAUMSCHEIBE junger Obstbäume frei von Bewuchs halten, da Wildkräuter dem Baum Wasser und Nährstoffe streitig machen. TOPINAMBUR nach Bedarf an frostfreien Tagen ernten – sie lassen sich nur zwei Wochen lagern. Säen: Kresse und Keimsprossen auf der Fensterbank. Säen im Freiland: Winterkefen. Pflanzen im Freiland: Blumenzwiebeln, Stauden, Gehölze, wurzelnackte Rosen, Beerensträucher, Obstbäume, Hecken. Im Dezember ROSMARIN, Salbei, Thymian und Bergbohnenkraut können auch im Winter geerntet werden. SCHNITTLAUCHBALLEN ausgraben, eintopfen und auf der Fensterbank antreiben. KOHLKÖPFE im Winterlager kopfüber aufhängen. KRONENBEREICHE von Hochstamm- rosen mit Vlies vor Frösten schützen. HAFER und Schwarzwurzeln können bei offenem Boden den ganzen Winter durch geerntet werden. WINTERSALATE mit Vlies abdecken, dann können sie länger im Beet bleiben. Säen: Kresse und Keimsprossen auf der Fensterbank. Pflanzen im Freiland: Blumenzwiebeln, Stauden, Gehölze bei nicht gefrorenem Boden. 10 B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 | F O T O S : M A U R I T I U S I M A G E S , E D U A R D B E C K | I L L U S T R A T I O N : A N N A - L E A G U A R I S C O

Barbarakraut – S c h a r fe S a l a t w ü r z e Es wird auch Winterkresse genannt und ist eine der wenigen essbaren Wildpflanzen, die auch in der kalten Jahreszeit bei tiefen Temperaturen und sogar bedeckt von Schneemassen noch würziges Grün für die Salatschüssel liefern. Das Barbarakraut Barbarea vulgaris, ist im Geschmack der Brunnenkresse ähnlich und reich an Vitamin C. Junge Blätter können roh gegessen werden, ältere werden hart und bitter. Nach dem Winter erscheinen die gelben Blüten, die Honig-, Wildbienen und Frühlings- schnaken Nahrung bieten. Das Barbarakraut versamt sich dankbar. Johannisbeeren – Wie sie gepflanzt werden Sie sind wegen ihrer geringen Wuchshöhe ideales Obst für kleine Gärten. Schwarze Johannisbeeren tragen besonders gut an einjährigen Trieben, daher werden sie etwa eine Handbreit tiefer gesetzt, als sie im Topf standen. Dann haben sie die Möglichkeit, aus dem Wurzelstock viele junge Fruchttriebe zu bilden. Bei roten, weissen oder rosafarbenen Sorten bilden sich die schönsten und grössten Früchte an zwei- bis drei- jährigen Trieben. Etwas tiefer setzen, als sie im Topf standen. Idealer Pflanz- zeitpunkt ist nach Laubfall im Herbst bzw. im Frühling vor Neuaustrieb. Buch — Natürlich schön Das perfekte Buch für Wintertage hat die britische Textilkünstlerin Alice Fox geschaffen: Sie zeigt, wie Flachs und Brennnesseln ver- arbeitet und aus Narzissen und Brombeer- ruten Fasern hergestellt werden. Zudem gibt sie Inspirationen, wie sich aus Gras, Stein und Holz in Kombination mit Stoffen spannende Objekte kreieren lassen. «Wilde Fasern», Alice Fox, Haupt-Verlag 2023, Fr. 32.–. Bequem online bestellen: bioterra.ch/shop Wintergemüse – 7 T i p p s z u r L a g e r u n g 1. LAGERGEMÜSE vier bis sechs Wochen vor der Ernte nicht mehr düngen. 2. ZUM ERNTEN trockene, sonnige Tage abwarten. 3. NUR GESUNDES, unversehrtes Obst und Gemüse einlagern. 4. ERNTEGUT nicht waschen, sondern nur grob von anhaftender Erde befreien. 5. OBST UND GEMÜSE nicht im gleichen Raum lagern. 6. DAS LAGER wöchentlich kontrollieren und Fauliges, Angefressenes oder Verletztes entfernen. 7. - DAS LAGER mindestens einmal pro Woche lüften, um Temperatur und Feuchtigkeit auszugleichen. B E R L F O T O S : G A P P H O T O S , M A U R I T I U S I M A G E S , M A R T I N S T A F F L E R ( M S G ) | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 11

Fast eine halbe Hektare gross ist der gestaltete Teil des Grundstücks. Von Carmen Hocker A us der Vogelperspektive sieht der Garten der Pflanzensammlerin Karin Küng in Etzwilen TG wie ein gewirkter grüner Teppich aus Bäu- men, Sträuchern und Stauden aus. Ein riesiges, fast eine halbe Hektare grosses, gestaltetes Arten- reich (5000 m2) inmitten des eigenen Kulturlands. Denn Ehemann Hans- Ueli ist Biolandwirt. Jetzt im Herbst spielen Karins Lieb- linge, die Rosen, eine eher zurückhaltende Rolle. Ihre Hagebutten werden von spät blühenden Stauden wie Herbstanemonen und -astern und wogenden Gräsern um- spielt. In den Entstehungsjahren des Gartens vor über 25 Jahren hatten Rosen aber die Hauptrolle. Ein von Rambler-Rosen überwuchertes Gartenhäus- chen, das Karin in einer Zeitschrift entdeckte, hatte ihre Neugier geweckt: «Was mögen das nur für Rosen sein, die so ganz anders aussehen als die staksigen Edelrosen im elterlichen Garten?», ging ihr damals durch den Kopf. In der Kartause Ittingen stand sie dann erstmals vor einem Rosenstrauch, in dem es nur so summte und brummte: Das war ein Exemplar der japanischen Wildrose Rosa multiflora adenochaeta, deren offene rosa Blüten sich im Herbst in Hagebutten verwandeln. Die ersten Rosen im eigenen Garten waren dann auch wüchsige Rambler- Rosen, die ganze Bäume erklimmen können. Später ge- sellten sich heimische Wildrosen und historische Rosen dazu, das Sammelfieber war entfacht. Nicht selten kam Karin mit einem voll beladenen Auto vom Besuch einer Rosenschule zurück. Keinem Mini, sondern einem Klein- bus, wohlbemerkt. Mittlerweile haben sich die Rosen in ihrem Garten munter gekreuzt. Immer wieder erscheinen überraschende Sämlinge, Geschenke des Zufalls. Zum Beispiel eine cremegelbe Rambler-Rose mit romantischen, leicht gefüllten Blüten, die an ‘Pompon de Paris’ erinnern. F O T O S : G A P - P H O T O S , I D I H Ä B E R F O T O S : B E N E D I K T D I T T L I L I | B I O T E R R A 7 / 2 0 2 3 15 15

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