«Mit unserem Arboretum wollen wir Wildobst für den Garten fördern.» Von Nicole Egloff onnengelb die einen, himbeerrot die anderen, und alle übersät mit kleinen, weissen Pünkt- chen. So leuchten die Beeren der Korallen- Ölweide aus den Blättern. Die Äste sind dicht behangen mit den erbsengrossen Beeren und wirken zu schön, als dass sie geniessbar sein könnten. Die an Lorbeer erinnernden Blätter verstärken den Eindruck des Exotischen. Victor Condrau pflückt sich einige Beeren und geniesst sie offensichtlich. Und tatsächlich, sie schme- cken leicht säuerlich, aber mit einer guten Süsse. Er muss es wissen. Der Landschaftsarchitekt ist Initiant des Wildobst-Arboretums im aargauischen Dürrenäsch. Ge- meinsam mit seiner Partnerin Elisabeth Dürig, ebenfalls Landschaftsarchitektin, hat er an einem Waldrand zwischen dem Wynen- und dem Seetal 480 verschiedene Wildobstsorten zusammengetragen. Trägerschaft des Projekts sind die Stiftungen Kulturlandschaft Aare Seetal () und Pro Specie Rara. Die Korallen-Ölweide Elaeagnus umbellata, die mit unseren normalen Weiden gar nichts zu tun hat, sondern zur gleichen Familie wie der Sanddorn gehört, hat es ihm besonders angetan. «Ich finde sie wunderbar! Sie braucht nicht viel Wasser, man kann sie gut schneiden – sie sogar als Spalier ziehen –, und sie bildet feine Beeren. Da sie via Mittelmeerraum zu uns gelangte, ist sie sogar für die Herausforderungen, welche die Klimaveränderung mit sich bringt, ausgesprochen gut gewappnet.» Apfel, Birne, Zwetschge: Diese und weitere Kulturformen des Obstes sind uns allen geläufig. Sogar Sorten davon, wie ‘Gala’, ‘Golden’ oder ‘Goldparmäne’, können viele auf- zählen. Anders sieht es bei Kornelkirschen, Holunder, Sanddorn und Co. aus. Als Art sind sie zumindest in Na- turgartenkreisen zwar den meisten bekannt. Aber wer hat schon von der ‘Schönbrunner Gourmet Dirndl’ oder der ‘Moskevska Krasavice’ gehört? Die Erstgenannte ist eine Kornelkirschensorte, die sehr grosse, süsse Früchte bildet, die Zweite eine Sanddornsorte. Und wie es beide Namen erahnen lassen, stammen sie aus dem Osten Europas. Dort werden sie und andere Wildobstarten, anders als bei uns in Mitteleuropa, schon lange genutzt. Und so entstanden mit der Zeit Sorten, weil Sträucher, die besonders grosse, besonders süsse oder speziell gefärbte Früchte bildeten, über Stecklinge weiter vermehrt wurden. Was genau zum Wildobst gezählt wird, ist laut Gertrud Burger – sie betreut das Arboretum seitens Pro Specie Rara – nicht eng defi- niert. «Wir zählen die Arten dazu, welche geniessbare Früchte bilden, züchterisch wenig bearbeitet sind und bei uns bis anhin als Nutzpflanze keine grosse Bedeutung hatten», erklärt die ausgebildete Biologin. ARTEN UND SORTEN IN REIH UND GLIED Und so sind auf den 1,2 Hektaren des Wildobst-Arboretums vom Mittelweg schräg wegführende Reihen angelegt. Zuvorderst in jeder Reihe steht jeweils die Wildform einer Fortsetzung auf Seite 22 F O T O S : G A P - P H O T O S , I D I H Ä B E R L I | B I O T E R R A 6 / 2 0 2 4 19