Die Blumenuhr von Linné nachpflanzen? Nein! Wir haben eine viel bessere Idee! Setzen Sie verteilt im ganzen Garten einheimische Pflanzen und beobachten Sie ihr Blühverhalten.
Auszug aus dem Artikel «Auf die Blume genau» von Nicole Häfliger aus der Bioterra-Ausgabe April 2023. Jetzt Bioterra-Mitglied werden, um den ganzen Artikel und viele andere spannende Geschichten rund um den Bio- und Naturgarten zu lesen.
Titelbild: mauritius images
Der schwedische Naturforscher Carl von Linné spazierte tagelang durch den Botanischen Garten von Uppsala und notierte sich Öffnungs- und Schliesszeiten von Blumenblüten. Denn ihm war aufgefallen, dass einzelne Pflanzen ihre Blüten zu überraschend festen Uhrzeiten öffnen und schliessen, mehr oder weniger ungeachtet der Witterung und Tageslänge. In seiner staubtrocken nüchternen, aus Listen bestehenden «Philosophia Botanica» (1751) nennt er 45 solche Pflanzen unter der Überschrift «Horologium Florae». Zu Deutsch: «Blumen-Stundenanzeiger», woraus die Legende kurzerhand eine Blumenuhr machte.
Wie sähe eine «Blumenuhr» aus, würde man sie in Linnés Sinne anlegen? Nun, zuerst sollten wir uns von der eindimensionalen Vorstellung eines Zeitmessers verabschieden. Warum Pflanzen künstlich vergesellschaften und in den Rahmen eines Zifferblatts zwängen? Wie wäre es stattdessen, es Linné gleichzutun, sich einen Spass daraus zu machen, durch den eigenen Garten zu gehen und genau hinzuschauen?
Um Ihnen den Anfang zu erleichtern, haben wir 20 einheimische Blühpflanzen für Sie ausgewählt, die als einigermassen zuverlässig gelten und lange blühen. Einige wachsen vielleicht schon in Ihrem Garten, andere könnten Sie neu pflanzen. Und wer weiss? Vielleicht werden Sie die Liste um einige Zeitanzeiger erweitern. Mit Sicherheit korrigieren werden Sie die angegebenen Uhrzeiten, sind diese doch Näherungswerte. In Ihrem Garten mit seinem eigenen Mikroklima, den eigenen Gegebenheiten und vorhandenen Bestäubern wird es Unterschiede geben.
Title
Angaben zu Höhe, Standort und Blühzeit
Papaver rhoeas
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: durchlässig, nährstoffreich, kalkhaltig
Blütezeit: V–IX
Farbe: rot
Höhe: 30–70 cm
Cichorium intybus
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: durchlässig, nährstoffreich, kalkhaltig
Blütezeit: VII–IX
Farbe: blau
Höhe: 20–120 cm
Calystegia sepium
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig bis halbschattig
Boden: nährstoffreich
Blütezeit: V–IX
Farbe: weiss
Höhe: –300 cm
Calendula arvensis
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: trocken, lehmig, nährstoffreich, kalkreich
Blütezeit: IV–VII
Farbe: gelb
Höhe: 15–30 cm
Helianthemum nummularium
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: trocken, durchlässig, nährstoffarm
Blütezeit: V–X
Farbe: gelb
Höhe: 10–40 cm
Hypericum perforatum
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: eher nährstoffarm
Blütezeit: VI–IX
Farbe: gelb
Höhe: 30–100 cm
Leucanthemum vulgare
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig bis halbschattig
Boden: lehmig, nährstoffarm
Blütezeit: V–X
Farbe: weiss
Höhe: 20–80 cm
Centaurium erythraea
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig bis halbschattig
Boden: frisch, durchlässig, kalkarm, offener Boden
Blütezeit: VI–X
Farbe: lila
Höhe: 20–50 cm
Dianthus carthusianorum
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: trocken–frisch, nährstoffarm, kalkhaltig
Blütezeit: VI–X
Farbe: pink
Höhe: 20–50 cm
Oxalis acetosella
mehrjährig
Lichtverhältnisse: schattig
Boden: frisch–feucht, lehmig, nährstoffreich
Blütezeit: IV–VI
Farbe: weiss
Höhe: 5–15 cm
Spergularia rubra
bedingt mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: trocken, sandig, nährstoffarm
Blütezeit: V–VIII
Farbe: rosa
Höhe: 5–25 cm
Lonicera periclymemum
mehrjährig
Lichtverhältnisse: halbschattig
Boden: frisch, nährstoffreich
Blütezeit: VI–VIII
Farbe: gelb-weiss
Höhe: –500 cm
Da Linnés damalige Liste einheimische Pflanzen enthielt (wenn man vom aufgeführten Kopfsalat absieht), haben wir uns ebenfalls dafür entschieden. Falls Sie bereits einen ersten Blick auf die Grafiken geworfen haben, ist Ihnen aufgefallen, dass nicht wenige der Aufgeführten als Beikräuter gelten. Gerade diese haben wir bewusst integriert, im Sinne von: Wer seine Zaunwinde nicht loswird, kann sie wenigstens als Zeitzeiger benutzen. Wozu eine Rolex? Löwenzahn, Gemüsedistel oder Habichtskraut tuns genauso gut. Je nachdem wie kreativ man sein möchte, könnte man dort, wo die Kartäuser-Nelke wächst, ein Schildchen platzieren mit dem Hinweis: Geh ich auf, ist der Znüni vorbei. Oder: Vor 10 Uhr geschlossen. Oder: Hier erst um 11 Uhr offen. Wie gesagt: Ihr Garten. Ihr Mikroklima. Ihre ureigene Uhr. Linné hätte seine Freude daran.
Title
Angaben zu Höhe, Standort und Blühzeit
Tragopogon pratensis
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: frisch, nährstoffreich
Blütezeit: V–VIII
Farbe: gelb
Höhe: 30–70 cm
Sonchus oleraceus
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig, halbschattig
Boden: frisch, lehmig, nährstoffreich, kalkreich
Blütezeit: VI–X
Farbe: gelb
Höhe: 30–100 cm
Hieracium pilosella
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: Trocken, nährstoffarm, gern auf Mauern
Blütezeit: V–X
Farbe: gelb
Höhe: 5–30 cm
Anagallis arvensis
einjährig
Lichtverhältnisse: sonnig bis halbschattig
Boden: frisch–feucht, lehmig, nährstoffreich
Blütezeit: VI–IX
Farbe: blassrot
Höhe: 5–30 cm
Taraxacum officinale
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig bis halbschattig
Boden: frisch, lehmig, nährstoffreich
Blütezeit: IV–V (–X)
Farbe: gelb
Höhe: 5–30 cm
Tussilago farfara
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: frisch–feucht, nährstoffreich, kalkreich
Blütezeit: II–IV
Farbe: gelb
Höhe: 10–30 cm
Anthericum liliago
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: trocken, durchlässig, nährstoffarm, kalkarm
Blütezeit: V–VI
Farbe: weiss
Höhe: 30–60 cm
Nymphaea alba
mehrjährig
Lichtverhältnisse: sonnig
Boden: Stilles Wasser, nährstoffreich
Blütezeit: VI–VIII
Farbe: weiss
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