Herbstboden mit Quitte, Bild von Mari Loli auf Pixabay

Herbstpflege für den Boden

Im Herbst steht der Gartenboden an einem kritischen Punkt. Im schlimmsten Fall droht ein Nährstoffverlust. Mit der richtigen Pflege kann dies verhindert werden.

Von Atlant Bieri

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Die Millionen von Organismen, die jeden Kubikzentimeter des Bodens beleben, bilden die Grundlage für das Pflanzenwachstum. Im Herbst kommen grosse Veränderungen auf diese unterirdische Lebensgemeinschaft zu. Die Tage werden kürzer und die Lufttemperaturen kommen herunter. Damit geht einher, dass die Pflanzen ihr Wachstum einstellen oder gar absterben.

Das Leben im Boden indes hinkt diesem «Shutdown» hinterher. «Der Boden ist ein guter Wärmespeicher. Darum dauert die Abkühlung etwas länger», sagt die Gartenbauingenieurin Regine Kern Fässler vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Die Folge davon ist, dass die Bodenmikroben immer noch am Arbeiten sind und Nährstoffe freisetzen, obwohl es nun immer weniger Pflanzen gibt, welche diese aufnehmen können. «Vor allem Stickstoff wird schnell vom Regen ausgewaschen. Dadurch geht wertvoller Dünger verloren», sagt Kern Fässler. Darum besteht eine der wichtigsten Aufgaben im Herbst darin, die Nährstoffe in den Frühling hinüberzuretten.

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Umgraben, Bild von Can Stock Photo
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Umgraben im Herbst ist ein riesiger Eingriff in die hochkomplexe Bodenstruktur. Unbedingt bleiben lassen! Bild: Can Stock Photo

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Arbeiten im Nutzgarten

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Wintergemüse

Eine Variante, um die Nährstoffe in Umlauf zu halten, ist der Anbau von Wintergemüse wie Federkohl, Wirz, Rosenkohl, diversen Wintersalaten oder Radicchio. Anders als eine Gründüngung muss Wintergemüse bereits im Juli oder August angesät werden, sonst wird nichts mehr daraus. Eine Ausnahme ist der Nüsslisalat, der noch im Oktober keimt. Dabei kommt dem Nüsslisalat in der Bodenpflege eine besondere Rolle zu. «Er hat sehr feine Wurzeln, die den Boden dicht durchdringen und für eine feinkrümelige und luftige Struktur sorgen», erläutert Regine Kern Fässler.

Mulchen

Mit dem Mulchen lassen sich Nährstoffe auch ohne lebende Pflanzendecke im Umlauf halten, wenngleich diese Methode etwas weniger effizient ist. Die Mulchschicht ist in erster Linie Nahrung für die Bodenorganismen. «Sie können nun weiter Nährstoffe umsetzen und in ihren Körpern einbauen. Dabei wird auch Stickstoff rezykliert und chemisch so umgewandelt, dass er im Boden besser gespeichert wird. Die Gefahr der Auswaschung wird dadurch geringer», weiss Garteningenieurin Kern Fässler. Ein Vorteil des Mulchens ist der Schutz vor Erosion. Starkniederschläge, die durch den Klimawandel häufiger werden, lassen sich so abfangen. Bei der Wahl des Materials ist man relativ frei. Es kann aus jeglichem Grüngut bestehen. «Rindenmulch sollte aber vermieden werden, weil dieser den Boden eher sauer macht», warnt Gemüsefachfrau Rahel Fuchs. Zu beachten ist, dass die Schicht nicht zu dick und feucht aufgetragen wird, da sie sonst unter ihrem eigenen Gewicht zu sehr zusammengedrückt wird und zu faulen beginnt. Ideal sind etwa 10 Zentimeter. Es gibt einen grossen Nachteil: «Schnecken und Mäuse lieben die schützende Mulchdecke. Wir haben dadurch schon sehr viele frisch gepflanzte Setzlinge verloren», erinnert sich Rahel Fuchs.

Kompost

Hier gibt es eine gute und eine schlechte Variante: Die schlechte besteht darin, im Herbst unreifen Kompost etwa 10 cm hoch auf den Beeten zu verteilen. «Dieser wird von den Bodenlebewesen umgewandelt, und im Frühling ist er bereit. Das ist allerdings wie eine Düngung. Es werden zu viele Nährstoffe freigesetzt, und es kommt zu Auswaschung. Darum finde ich diese Variante längst überholt», erklärt Regine Kern Fässler. Die gute Variante: «Am besten kompostiert man den Kompost fertig und bringt ihn dann im März auf das Beet. So ist er als Düngung zur richtigen Zeit am richtigen Ort.»

Umgraben

Auch wenn das in den 1990er-Jahren quasi noch zum Schrebergarten-Knigge gehörte: Boden umgraben ist aus heutiger Sicht tabu. «Es ist ein riesiger Eingriff in die natürliche Bodenstruktur und bringt keine Vorteile», betont Regine Kern Fässler. Den Boden mit einer Stechgabel zu lockern, wäre zwar die richtige Methode, doch das ist eine Arbeit für das Frühjahr. «Dadurch bringt man zusätzlich Luft in den Boden, was das Bodenleben aktiviert und die Nährstofffreisetzung hochkurbelt.»

Jäten

Wurzelbeikräuter und versamende Wildkräuter sollten im Herbst entfernt werden. Die ausdauerndsten unter ihnen sind Schachtelhalm, Distel, Hahnenfuss, Quecke oder Ackerwinde. Von anderen sollte man so viel wie möglich stehen lassen. «Ausgeblühte Triebe von Natternkopf oder Nachtkerzen dienen Insekten als Rückzugsort und Winterquartier», erklärt Rahel Fuchs.

Düngung

Eine Düngung mit Hornspänen, Steinmehl, Mistpellets oder anderen Methoden gehört nicht in den Herbst, sondern ins Frühjahr, wenn die Pflanzen die Nährstoffe auch brauchen.

Bodenproben

Im Herbst nach der Haupternte oder im Frühling vor der Düngung ist ein guter Moment für die Entnahme einer Bodenprobe. «Es reicht, wenn man das alle fünf Jahre einmal macht», versichert Regine Kern Fässler.

Gründüngung

Eine effiziente Massnahme, um im Herbst die frei werdenden Nährstoffe einzufangen, ist die Gründüngung. Es ist ein etwas verwirrender Begriff, denn es geht mehr um eine Begrünung als um eine Düngung. Dabei kommen vor allem solche Pflanzen zum Einsatz, die auch mit wenig Licht und bei kälteren Temperaturen noch aktiv sind. «In der Regel lässt sich aber nur bis Anfang Oktober eine Gründüngung ansäen. Je früher die Saat, desto besser die Keimung und Bodenbedeckung », sagt Regine Kern Fässler. Für den Hausgarten geeignet sind Pflanzen, die entweder winterhart sind (Sandhafer, Winterwicken) oder beim ersten Frost absterben und so automatisch zur Mulchschicht werden (Phacelia, Buchweizen). «Im Frühjahr kratzt man die Mulchschicht einfach von der Bodenoberfläche ab und kann mit dem Anbau beginnen», empfiehlt Rahel Fuchs, Gemüsegärtnerin bei der Gemüsegenossenschaft Pura Verdura in Zürich. Senf ist auch eine gute Wahl, doch dort dürfen im Frühjahr keine verwandten Pflanzen wie Radieschen, Kohlrabi, Rucola, Broccoli oder Blumenkohl angebaut werden, weil Senf Wurzelkrankheiten auf diese übertragen kann. Auch beim in der Landwirtschaft geschätzten Klee gibt es Probleme: «Er wäre eigentlich sehr gut, um den Stickstoff zu binden, aber Klee wird man nur durch maschinelles oder tiefes Bearbeiten des Bodens oder durch eine längere Abdeckung mit einer Folie wieder los. Für den Hausgarten ist das nicht ideal», so Rahel Fuchs.

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Eine Handvoll Erde, Bild von Mauritius
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Später Herbst oder Frühling sind gute Zeitpunkte, um alle fünf Jahre den Gartenboden mit einer Probe analysieren zu lassen. Bild: Mauritius

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Arbeiten im Ziergarten

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Wer mit Salat und Bohnen nichts anfangen kann und stattdessen lieber einen Ziergarten unterhält, kann es in Sachen Bodenpflege im Herbst viel lockerer nehmen. Der Grund: Der Ziergarten kommt einem Naturstandort viel näher. Hier gibt es verschiedene Pflanzenarten nebeneinander. Durch diese höhere Artenvielfalt bleibt die Krautdecke bestehen, und die Nährstoffe werden besser gebunden.

Gründüngung

Sie ist im Ziergarten wenig sinnvoll, da dieser ohnehin meist das ganze Jahr bedeckt ist. Falls es aber grössere abgeräumte Flächen geben sollte, ist eine Gründüngung zu empfehlen. «Blumen sollte man, wenn immer möglich, stehen lassen und erst im frühen Frühling zurückschneiden», empfiehlt Regine Kern Fässler.

Mulchen

Auch dies ist nur bei grösseren Brachflächen nötig. Wer möchte, kann verblühte Pflanzen zurückschneiden und gleich an Ort und Stelle liegen lassen. Die Wurzeln sollten dabei im Boden bleiben. Bei mehrjährigen Pflanzen treibt der Spross neu aus. Bei den anderen wird der Strunk von den Bodenorganismen abgebaut. Das Ausbringen von Kompost gehört im Ziergarten ins Frühjahr und sollte auch dort nur dann bei den Pflanzen gemacht werden, welche die Nährstoffe tatsächlich brauchen, wie Beetstauden, Rosen und Wildstauden wie Baldrian, Wasserdost oder Alant. Pflanzen, die einen mageren, nährstoffarmen Boden lieben, kommen ganz ohne Kompost aus.

Jäten

Ein Durchgang im Herbst ist sinnvoll, vor allem um mehrjährige Pflanzen wie den Hahnenfuss samt Wurzel herauszunehmen. Die Devise: «Mit viel Gelassenheit vorgehen und nicht einfach alles ausräumen. Die vermeintlichen Unkräuter sind ja eigentlich Wildkräuter und wichtig für viele Insektenarten und Spinnen», betont Regine Kern Fässler.

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Jäten, Bild von Can Stock Photo
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Im Ziergarten ist es sinnvoll, im Herbst Wildkräuter zu jäten, die sich sehr ausbreiten, wie Hahnenfuss, Fünffingerkraut u. a., Bild: Can Stock Photo

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Dieser Artikel wurde in der September/Oktober-Ausgabe 2022 des Magazins «Bioterra» publiziert.

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